Evangelisch im Allgäu – ein bisschen Geschichte

Wie im Bilderbuch: Natur, soweit das Auge reicht.

Eine Landschaft, um sich zu erholen, reich an Kultur und Geschichte. Das Christentum brachten vor ungefähr 1250 Jahren Wandermönche aus St. Gallen zu den Alemannen und Kelten. Der bekannteste unter ihnen war der Heilige Magnus, auch Sankt Mang genannt. Noch heute trägt die größte evangelische Kirche des Allgäus in Kempten seinen Namen, aber auch katholische Kirchen und ein Kemptener Stadtteil sind nach ihm benannt.  

Was viele nicht wissen: Mit der Geschichte unserer Region ist die der evangelischen Kirche eng verbunden. Die Pfarrherren und gebildeten Bürger lasen eifrig reformatorische Schriften. So kam es, dass sich die Reichsstädte Kempten, Kaufbeuren und Lindau sowie (jenseits unseres Dekanatsbezirks) Isny und Memmingen bereits ab 1520 der Reformation anschlossen.

Auf dem 2. Reichstag zu Speyer (1529) gehörte u. a. die Reichsstadt Kempten zu den Unterzeichnern der so genannten Protestatio, die für die "Protestanten" namensgebend wurde. Ein lutherischer Pfarrer an der St.-Mang-Kirche, der Slowene Primus Truber, übersetzte die Bibel für seine Landsleute. Er wurde zum Schöpfer der slowenischen Schriftsprache und die Slowenen ehren ihn bis heute mit seinem Bildnis auf den Banknoten.

St. Stephan in Lindau/B.
Bildrechte J. Martin
Die evangelische Inselkirche St. Stephan in Lindau

Durch die Nähe zur Schweiz gestaltete sich die Frage „reformiert oder lutherisch?“ für die Evangelischen im Allgäu über Jahrzehnte schwierig. Im 16. Jahrhundert wechselten die Städte oft mehrfach ihr Bekenntnis. Vor allem Lindau ging einen Sonderweg, indem es sich zunächst nicht der Confessio Augustana, sondern der sogenannten Tetrapolitana anschloss. Erst als der Augsburger Religionsfriede von 1555 lutherische Besitzstände besser schützte, begann das Luthertum sich im Allgäu durchzusetzen.

Ein Schatten in der Geschichte sind leidvolle Streitigkeiten mit den katholischen Nachbarn und eine teilweise sehr brutale Verfolgung der Täuferbewegung, die, insbesondere in Kaufbeuren, viele Anhänger besaß. Tiefe konfessionstrennende Spuren haben auch der Bauernkrieg und der Dreißigjährige Krieg im Allgäu hinterlassen.

Die Verhältnisse begannen sich erst ab 1803 mit der Säkularisation grundlegend zu ändern.

Jetzt entstanden auch auf dem Land erste evangelische Gemeinden. Viele Protestanten zogen ins Allgäu, weil sie an der Bahnlinie München - Lindau bauten. So kam es zu Gottesdienststationen in Günzach, Immenstadt, Sonthofen und Oberstaufen.

Für ebenfalls starken evangelischen Zuzug sorgte der Käse. Die Erfindung seiner Herstellung war ein wichtiger Schritt, der das arme Allgäu reich werden ließ. Die Kunst seiner Haltbarmachung beherrschten vor allem die Schweizer. Sie siedelten hier an und brachten ihren evangelischen Glauben mit.

Nach dem 2. Weltkrieg kamen evangelische Flüchtlinge in großer Zahl und fanden im Allgäu eine neue, auch geistliche Heimat. In jüngerer Zeit erfolgte ein bedeutsamer Zuwachs durch Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion.

Inzwischen hat sich das Verhältnis der Konfessionen deutlich entspannt. Am Bodensee gibt es einen konfessions- und länderübergreifenden Kirchentag und Kempten hat sogar eine regionale ACK.

Heute zählt das Dekanat Kempten rund 62.000 Evangelische in 23 Gemeinden. Es umfasst eine Fläche von über 3000 km² und ist damit größer als das Saarland.

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